Poetry Slam

    Ich stehe auf den Schienen

    Ich stehe auf den Schienen
    schaue nach vorn
    der Zug kommt mir entgegen
    will hier nur raus
    dabei weiche ich wieder aus
    Schienen aus Eisen
    hier kann ich nicht entgleisen
    sie zeigen mir wo es langgeht
    ich will den graden Weg

    Ich stehe auf den Schienen
    schaue nach vorn
    der Zug kommt mir entgegen
    hier, wo ich schon öfter stand
    Mein Leben ist gebaut auf Sand
    Schienen von hinten nach vorn
    der ICE dröhnt in meinen Ohren
    Es kommt auf mich zu
    in mir kocht das Blut

    Ich stehe auf den Schienen
    schaue nach vorn
    der Zug kommt mir entgegen
    Kein Ausweg ohne Grund
    hier stehe ich, hier ist mein Punkt
    Ich renne gegen Wände
    klar ist der Horizont und auch das Ende
    Was zählt ist der Moment,
    wenn der Zug durch mich rennt.

    Ich stehe auf den Schienen
    schaue nach vorn
    der Zug kommt mir entgegen
    Bilder ziehen an mir vorbei
    Geburt, das Leben, der Tod ist einerlei.
    Was mich jetzt berührt hat mich nie berührt.
    Was ich jetzt spüre habe ich nie gespürt.
    Das Ende steht allein in meiner Macht
    ich trete hinüber in die Nacht.

    Ich steh auf den Schienen
    schaue nach vorn
    der Zug kommt mir entgegen
    Wem tu ich weh?
    Wer weiß das ich geh?
    Mit mir ist es aus
    doch ich komme groß raus
    Giere dem Augenblick entgegen
    Hört! Ich stehe nicht mehr im Regen

    Ich stehe auf den Schienen
    schaue nach vorn
    der Zug kommt mir entgegen
    Ihr werdet sehen, was ihr davon habt.
    Ich sterbe in einer Geste voller Kraft.
    Mächtig werde ich untergehen.
    Ihr werdet betroffen dastehen.
    Mein Tod trifft euch härter.
    Im Untergang bin ich stärker.

    Ich stehe auf den Schienen
    schaue nach vorn
    der Zug kommt mir entgegen
    Kein Wundern, kein Weg zurück
    der Zug begleitet mich das letzte Stück
    Ich werde tausend Sonnen sehen
    bin bereit zu gehen.
    Ist das Denken erst vorbei
    bin ich wirklich frei.

    Ich stehe auf den Schienen
    schaue nach vorn
    der Zug kommt mir entgegen
    Ich halte Wort
    das ist mein Selbstmord
    Erfolg hatte ich bisher nicht
    nichts brach mein Genick
    Ich denke oft hin- und her
    doch die Tat fiel mir schwer.

    Ich stehe neben den Schienen
    schaue dem Zug hinterher
    Genieße den Zugwind
    freue mich wie ein Kind
    Bin wie neugeboren
    Mit dem Glück verschworen
    Manchmal erscheint meine Lebenslust
    wie tödlicher Frust.

    Ich stehe neben den Schienen
    schaue dem Zug hinterher
    Atme tief die frische Luft
    klettere heraus aus meiner Gruft
    Fühle Sonnenschein auf meiner Haut
    der Zug ist nicht mehr laut
    Da ist ganz tief in mir Sinn
    dies ist ein Neubeginn.

    Ich stehe neben den Schienen
    schaue dem Zug hinterher
    Mache mich auf, komme ins Gehen
    Ein Start ein Aufbruch, könnt ihr es sehen?
    Trifft mich jetzt der Schicksalsschlag
    wird er nicht mehr so hart.
    Ich werde Leben, Lieben, Reisen spüren
    Ein erfülltes Leben führen.

    © Willfried Althoff